Wetter: Regen 5 Grad
Lied im Kopf: Wrecking Ball
8.11:
Gegen 21-22 Uhr erstmals Wehen alle 10 Minuten. Juhu endlich
tut sich was. Bis jetzt ist alles geburtsunreif. Keine Senkwehen. Nix.
Vielleicht geh ich doch nicht so weit drüber?! Als ich mich hinlege, schlafe
ich schnell wehenfrei ein.
9.11:
Morgens 6.50 werde ich wach… es zieht wieder. Mein Mann hat
heute Bereitschaft. Aber ich rechne mit nichts. Deutliche Wehen alle 10 Minuten
den ganzen Morgen über. Ich geh nochmal fix ein paar Sachen einkaufen… es fehlt
noch der Windeleimer! Mittags leg ich mich mal in die Wanne… ui.. Wehen alle
5-6 Minuten. Rufen wir mal die schichthabende Hebamme vom Geburtshaus an..
Gitte irgendwie hab ich mir sie gewünscht. Leider sagt sie mir, dass das alles
wahrscheinlich nur Vorwehen seien. Ok, abwarten. Der Tag vergeht… die Abstände
werden größer, der Schmerz leider auch. Das sind nur Vorwehen…. Aha?! Aber die
Wehen werden insgesamt auch länger… ein zweites Mal Badewanne. Ok, Abstände
schmerzhafter Wehen wieder kürzer… aua… ich muss vertönen.. lautstark. Dritter
Anruf mit Gitte als ich verzweifelt weine weil schon die Vorwehen so schmerzhaft
sind.. was kann man da tun… ist nicht auszuhalten.. mein Mann macht sich Sorgen
und macht mit Gitte aus dass wir uns im Geburtshaus treffen. Die Fahrt dauert
20 Minuten, wenigstens stört es niemanden im Auto wenn ich schreie.. ja da
musste ich schon schreien.
Untersuchung im Geburtshaus… Herztöne kurz gehört.. alles
ok. Muttermund 4cm! Erst jetzt löst sich der Schleimpropf. Wir bleiben also
hier! Über den Tag ist GMH also verstrichen und MM schon etwas
aufgegangen. Es ist etwa 22 Uhr. Ab
jetzt kann ich das kaum mehr sagen. Ich habe nie mit solchem Schmerz gerechnet.
Unten im Rücken hab ich ein Messer stecken, ein Ring zieht nach vorne die
Gebärmutter zu, es zieht in meine Beine. Wir versuchen verschiedene
Entspannungssachen.. nix kann ich ertragen. Ich habs mir nicht so vorgestellt.
Nach einer Stunde ist die Wanne voll. Hier wollte ich
entbinden. Gitte versucht mich anzuleiten, die Wehen besser zu veratmen und die
Wehenpausen besser zu nutzen. In der Wanne gelingt mir das besser. Zwischen den Wehen klappen mir kurz die Augen
zu… ich bin so müde.
In der Wehe werden kurz die Herztöne gemessen. Statt eines
Pochens von über 100 Schlägen stockt das Herzchen… ein paar Sekunden quälende
Langsamkeit. Ich weiß sofort was los ist.. habe Todesangst um mein Kind .. ich
atme hin ich atme hin.
Es geht sofort aus der Wanne raus. Der Muttermund nun auf 6
cm. Draußen erholt sich der Herzschlag der Kleinen sofort wieder.
Erleichterung. Ich bin natürlich gar nicht mehr entspannt. Eine Weile steht es
auf der Kippe. Zuviel Stress fürs Baby weil sie sich von oben erst noch
eindreht und sie ungünstig auf die Fontanelle drückt und schaff ich das?! Ich
hätte gerne eine PDA. Ich kann nicht mehr. Ich schwitze, ich zittere. Ich bin
so aus dem Rhythmus.
10.11:
Eine letzte Untersuchung,
der Muttermund ist bis auf einen Rand verstrichen. Für PDA ist es zu spät..
plötzlich ging es ganz schnell. Wahrscheinlich ein Schutzmechanismus für die
Kleine. Rückblickend war das wohl so. In einer Klinik hätte man mir das Baby
sicher per Kaiserschnitt geholt. Auch weil ich so jammere, aber hier haben sich
die Herztöne erholt. Jetzt muss ich das auch nur noch tun. Inzwischen wird die
2te Hebamme angerufen. Ich sehe man trifft Vorbereitungen. Es drückt nun immer
mehr nach unten… aua. Selbst in den Wehenpausen hört der eigentliche Schmerz
nicht mehr auf. Die Fruchtblase ist immer noch intakt und drückt. (Gitte hat
mir im Nachhinein erzählt, dass das gut für das Köpfchen und somit die Herztöne
des Babys waren). Ich bekomme Pressdrang. Jetzt wird’s etwas verschwommen. Ich
zittere immer noch sehr an den Beinen. Habe lange nix mehr gegessen und muss
auch immer wieder zum Trinken ermuntert werden. Ich habe alles durchschwitzt.
Mein Mann dient meist nur als Quetsche für meine linke Hand in den Wehen. Aber
als die Presswehen einsetzen kann er mich besser unterstützen. Ich liege auf
der rechten Seite, ziehe mein linkes Bein in den Wehen selbst ran. Im Kopf bin
ich am Anfang immer noch woanders, schaue auf die Uhr. Gitte ermahnt mich und
leitet mich weiter an. Energisch… ich muss genau dahin drücken wo es am meisten
weh tut. Irgendwann kapiere ich das und tue das auch. Ich spüre wie immer
wieder Dammschutz betrieben wird. Warme Kompressen. Die Fruchtblase ist
irgendwann aufgegangen, ich darf einmal fühlen. Es dauert nicht mehr lang!
Hebamme Freyja misst immer wieder die Herztöne (Normalerweise würde man das
nicht machen, aber angesichts der Ereignisse. Sie kam übrigens um 1 Uhr) In der
Pressphase hatte ich die größten Schmerzen, aber ich wurde besser. Und irgendwann
zack war der Kopf geboren, den Rest hab ich wohl etwas resolut gleich mit raus
gepresst. Ein Gurgeln, dann ein leichtes Weinen. Ich bin überwältigt.. mein
Mann natürlich auch. Man legt mir ein unglaublich kleines Bündel auf die Brust.
03.06 Uhr. F. ist geboren. Und schon nach wenigen Momenten
robbt sie mit ihrem Po auf mir herum, wie sie es sonst im Bauch tat. Das ist
mein Baby! Wir haben erst gekuschelt. Leider hat unsere Kleine etwas schwer
Luft durch die Nase bekommen, die Schleimhäute sind etwas zu. Sie kann noch
nicht ganz zur Ruhe kommen. Sie muss kurz nasal abgesaugt werden. Wir kuscheln
danach weiter. Wir haben sie dann nach kurzer Zeit angelegt … sie saugt gut.
Sie ist ganz zierlich. 2740 Gramm, 48 cm, 33 cm Kopfumfang.
Das aus mir und meinem Mann mit Schwangerschaftsdiabetes so was zierliches
rauskommen kann. Die Plazenta wurde übrigens nur wenige Momente nach Geburt
geboren. Ich presse einmal. Da ist sie, wir lassen sie uns sogar zeigen.
Übrigens keine Verkalkung.
Was wir gar nicht mehr mitbekommen haben.. sie war eine
kleine Sternenguckerin. Das hat alles im Endeffekt nur so gut funktioniert,
weil sie so ein zierliches Köpfchen hatte. Ich bin trotzdem gerissen.
Überrascht bin ich nicht, denn am Damm war ich schon immer empfindlich. Der
Riss 2ten Grades wird von Gitte genäht. Das fand ich gar nicht mehr schlimm.
Hier war ich tapfer.
Wir bleiben relativ lange da, dann braucht Gitte heute nicht
mehr raus zu uns. Bis 10 Uhr schlummern wir zu dritt im Bett, danach brechen
wir dann auf. Natürlich nicht ohne dass ich ordentlich gegessen und getrunken
habe. Kreislauf ist aber super. Ich bin wirklich gut drauf.
Zusammenfassend: Das war sicher keine Traumgeburt. Aber
nicht wegen Geburtshaus, nein das war alles toll, sondern ich konnte mich nicht
fallen lassen, wurde von den Schmerzen regelrecht überrollt. War ich vielleicht
zu naiv? Ich hab zwischendurch immer gejammert und auch geschrien und bat darum
kurz schlafen zu dürfen, ich hab sicher mehr als einmal gerufen: „Ich kann
nicht mehr, ich will nicht mehr!“ Ein Trauma hab ich nicht, ich denke nur
immer: Ich bin ein Waschlappen. Bis auf wenige homöopathische Sachen hab ich
einmal ein Buscopan Zäpfchen bekommen, das hat aber nicht gewirkt. Ich zähl das
alles Mal als schmerzmittelfrei ;) Gitte meint, es wäre gar nicht so extrem
gewesen, ich hätte meinen Kopf mal ausschalten sollen.
Heute ist Tag 4. Ich sollte viel liegen, wegen der Naht. Das
hab ich gemacht. Wie sehr so ein kleines Bündel den Alltag durcheinander
wirbeln kann. Ich bin vollauf beschäftigt mit Stillen und Babypflege. Und müde.
Und ich bin so happy. Und weinen muss ich nur, wenn ich sehe wie schlecht es
andren geht. Ich bin so verliebt.
Nachtrag: Heute sind wir natürlich im Alltag angekommen. Rückblickend glaube ich, daß ich meine Verlustangst und Anspannung auf F. übertragen habe.
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